einer der gründe, warum ich keinen fisch esse, ist, dass mein vater hobbyangler ist.
seit kindertagen habe ich, sozusagen täglich, fisch (in den wildesten kombinationen mit senfsosse) vorgesetzt bekommen. jeden tag zog väterchen, die angel(n) fest im griff, gefolgt von allen dorfkatzen und einem fetten igel los.
photographie: nick on CC
erschwerend kommt hinzu, dass meine eltern über den luxus eines seegrundstücks verfügen, dem täglichen eiweissschub also nie etwas im wege stand.
wer ausserdem in der nähe der küste wohnt, kennt einmal im jahr die magische zeit, wenn der hering kommt. schon tagelang sitzen die angler vor den heimischen radioempfangsgeräten und horchen auf den wetterbericht. telefonate werden geführt und das "jagdtfieber" steigt bis ins unerträgliche. und dann endlich der ausruf : "der hering ist da!!!!" in diesem moment könnte die welt untergehen, der eingefleischte angler vergisst weib und kinder und kennt nur noch ein ziel! die hafenmole, wo dann hunderte angler seite an seite ihre angelruten in die gischt halten und eimer um eimer hering aus den fluten ziehen.
eines schönen tages hatte mein vater dann alle infiziert. mann und söhne fieberten dem tage x entgegen. endlich der anruf und aufbruch meines erzeugers mit seinen neuen jüngern, die mit angelruten, eimern, fresspaketen auszogen, den rausch des hering-pilkens zu erleben. meine mutter und ich warteten zuhause darauf, dass die beute heimgebracht werden sollte.
am abend kamen sie dann zurück. nass, erschöpft, durchggefroren und mit 10 riesigen plastikeimern fisch bewaffnet.
unsere entsetzten blicke wurden mit einem geknurrten "wir hatten eben biss..." von meinem vater abgetan, und während meine mutter und ich stunden um stunden schimpfend die schier nicht enden wollende masse fisch säuberten, brieten, einfroren, einlegten und irgendwie versuchten, sie in der nachbarschaft umzuverteilen, feierte die "fischer-gesellschaft" den sieg mit brathering, pellkartoffeln und speckstippe.
auf unserer heimfahrt mit dem auto (und dem kofferraum voller fisch) am nächsten tag waren meine männer erstaunlich ruhig. ich schob es auf die erschöpfung. bis sich ein paar tage später mein jüngster dann doch nicht beherrschen konnte. "sach mal, hast du nicht gesehen, dass die viecher gar keine verletzungen von den angelhaken hatten?" bohrte er. nein, ich hatte nichts gesehen. meine fragen allerdings erhielten dann eine antwort, die ich nicht erwartet hätte. da die herren keinerlei fische gefangen hatten, sondern fröhlich den vormittag in der hafenkneipe mit pommes und bier am "daddelautomaten" verbrachten, waren sie, schamesrot und unter eidesschwüren des zusammenhaltes und des nichtverpetzens, zum fischer gefahren um dort die heringe frisch gefangen vom kutter käuflich zu erstehen.
was sie allerdings geritten hatte, den kompletten fang des kutters aufzukaufen, war selbst unter folter (durch meine mutter) aus meinem vater bis heute nicht herauszubringen...
Sie wissen es bestimmt: Auf solche Finanzierungsmöglichkeiten ist die deutsche Fischerei seit Jahren angewiesen, seit das Eiweiß per Luftfracht im größten deutschen Hafen, Frankfurt am Main, angelandet wird. Insofern eine gute Tat, und Ihre Mutter wusste sich bestimmt zu helfen und servierte eine Woche lang Hering schon zum Frühstück.
der Zubereitung wäre auch gewesen: Hering in Aspik. Hatte ich schon lange nicht mehr.