meine nachbarin, eine gestandene frau im rechten alter, von der man eigentlich meinen sollte, sie habe, genauso wie ihr guter alter traktor, bodenhaftung, rannte mich vor ein paar tagen quasi über den haufen. "braggelmann, ich brauch hilfe", waren ihre worte. nicht einmal wie sonst musste ich ihr alles aus der nase ziehen, sie sprudelte nur so."weisst du", sagte sie, "seit mein hinnerk nicht mehr da ist, ist mein leben nur noch langweilig. ich brauche wieder spass!" gesagt, getan, schleppte sie mich an den pc. "so!" waren ihre worte, "du richtest mir nun ein konto ein, bei so einer partnerbörse! ich suche mir einen neuen ehemann!" mein inständiges bitten, die finger von solchen anzeigen zu lassen, und meine bedenken, sie könne dort aufs übelste ausgenommen werden, scheuchte sie in den wind. "papperlapapp", meinte sie. "du wirst schon sehen, ich habe glück!" nach ein paar stunden erfolgloser versuche, sie davon zu überzeugen, besser die wöchentlich stattfindenden ü-100 parties hier in der gegend zu besuchen, war ihr konto schliesslich eingerichtet.
allabendlich rannte meine nachbarin nun zu mir, um dann stundenlang ihre schier nicht endenwollende flut von briefen zu beantworten. zwar waren es fast ausnahmslos kontaktgesuche von herren, die ihres alters wegen wohl eher auf der suche nach potentiellen pflegekräften waren, oder aber katalogboys, die rein finanzielle interessen hatten (sie glauben gar nicht, wer/was nachts in nigeria nicht alles von autos angefahren wird!). sogar der ehrwürdige altbürgermeister nahm am geschehen teil. mit feuerwehrmütze und der beschreibung "pilot will bei dir aufwachen" (hoffentlich! -
Anm. Braggelmann). ja, selbst gruesse wurden von ihr nicht unter 4 seiten Din-A4 beantwortet. morgens auf dem traktor trug sie nun chanel nr. 5 und ein glückliches lächeln.
bis, ja, bis eines abends der entscheidende brief kam. gross, dunkelhaarig, drei-tage-bart (wie mein
harrald!) stattlich, gutgebaut, treu, romantisch, wohlhabend, mercedes s-klasse! am nächsten abend sollte das treffen stattfinden. im dorfkrug. sie putze sich den ganzen tag heraus und war aufgeregt, wie eine 3(3)-jährige. nun, von natur aus misstrauisch, nötigte ich ihr meine begleitung auf. incognito und mit lesestoff am nebentisch selbstverständlich !
ein paar minuten später kam er dann herein. erkennungszeichen: rote nelke im knopfloch (nicht im gewehrlauf!). ein etwa 1,50 meter grosses, halbglatziges untersetztes männlein in jogginghose und jeansjacke mit fettigen, ungepflegten schulterlangen rest-haaren und mit schlappen und tennissocken an den füssen. selbstbewusst grüsste er meine mit vor staunen offenstehendem mund verharrende nachbarin und setzte sich zu ihr an den tisch. den rest seines monologes in korrekturbedürftiger grammatik und aussprache konnte ich, nur unter ziemlicher zurückhaltung lauten lachens hinter meiner zeitung, sehr gut mitverfolgen.
er sei unter lebensgefahr zu ihr gekommen. er hätte sich tarnen müssen und müsse sie nun bitten, mit ihm nach hause mitzukommen. der sicherheit wegen. er sei nämlich, dabei ein verheissungsvolles gesicht aufsetzend, ausgebildeter geheimagent, er warte auf einen einsatz, er sage nur "eiserner vorhang".
um schlimmeres zu verhindern, sprang ich augenblicklich dazwischen. "hier sind sie !" ich schwang meine hüften."
Q schickt mich ! ihre majestät braucht sie - sie sollen sofort zum treffpunkt kommen!" ich drückte dem nun völlig verstört schauenden kerlchen mit tiefem blick seine augen meinen kugelschreiber in die hand. "hier, wie immer, 12 schuss ! viel glück commander !"
meiner nachbarin war später nur mit einer grossen menge cocktails zu helfen !
fotografie: chaouki CC
Man hüte sich vor Frauen mit gleicher Bodenhaftung als ihre gleichaltrigen Trekker. Sagt einer der bei sich in der Scheune ein (noch brauchbarer) 1959-er Fordson-Dextra stehen hat.
Übrigens, eine sehr amüsante Geschichte!
Gruß, T.